Yasmin Alt, Sebastian Biskup, Florian Japp, Alexander Klenz und Elisabeth Rosenthal verbindet ein gemeinsames Interesse an Methoden- und Materialfragen. Die in der Ausstellung gezeigten Werke zeichnen sich durch gezielt initiierte Übersetzungsprozesse und Umwandlungen aus.
Der Titel »STRANGE FORWARD« verdeutlicht, dass künstlerische Prozesse selten geradlinig verlaufen und oft mit Umwegen, Hindernissen und Richtungsänderungen verbunden sind. Künstler*innen müssen sich auf wechselnde Umstände einstellen und mit einer Vielzahl von Faktoren jonglieren, um ihre Ideen und Visionen umzusetzen. Dabei spielen auch theoretische Diskurse, künstlerische Vorläufer*innen und der Austausch mit Mitwirkenden eine wichtige Rolle.
Bildhauerei wird Fotografie
Yasmin Alt überführt skulpturale Stellagen aus verschiedenen Materialien in fotografische, bühnenbildartige Arrangements. Die fragilen, spannungsgeladenen Balancen der leuchtend farbigen geometrischen Assemblagen scheinen der Schwerkraft zu trotzen. In den großformatigen Fotokompositionen arrangiert sie gefundene, organische Elemente wie verschlungene Äste oder saisonales Obst und Gemüse, die den Bildern zeitliche Konnotationen verleihen. So werden fragile Zwischenzustände inszeniert, die neue Zeitlichkeiten eröffnen und zwischen Imagination und Anschauung vermitteln.
Figuration wird Diagramm
Die abstrakt anmutenden Muster in Sebastian Biskups Arbeiten speisen sich aus der Analyse vorhandener Bilder, seien es Porträts aus der Renaissance oder Werbeprospekte der Gegenwart. Biskup berechnet die Farbanteile der Vorlagen und entwickelt daraus die Parameter für seine gemalten Farbfelder und Tortendiagramme. Es ist erstaunlich, welche Vielfalt Biskups statistische Prinzipien erzeugen können. Seine Arbeiten sind ein Hybrid aus Diagramm und Bild und verwandeln das Formenvokabular der Moderne in eine indirekte, nahezu spurenlose Zeichensprache.
Zweckorientierte Wahrnehmung
wird ästhetische Erfahrung
Florian Japps Werke wirken auf den ersten Blick vertraut und erinnern an Alltagsgegenstände. Bei genauem Hinsehen offenbaren sie jedoch eine wohl dosierte Künstlichkeit. Die scheinbar funktionalen Objekte bestehen aus bunten Materialkontrasten wie schlichten MDF-Platten, bemaltem Karton, Stahl, Pappmaché oder Keramik, kombiniert mit Tarotkarten, Lametta oder Tischtennisbällen. Japp nutzt für die Präsentation seiner Arbeiten in der GE59 auch unprätentiöse Alltagsorte wie einen Schreibtisch und führt uns so vor Augen, wie wenig wir die Gegenstände, die wir täglich sehen, tatsächlich begreifen.
Tägliches Zeichnen wird Langzeitexperiment
Alexander Klenz‘ künstlerische Handlungen folgen einem fortlaufenden Forschungsprozess. Er zeichnet jeden Tag auf ein 50 x 40 cm großes Papier. So ist im Laufe der Zeit ein umfangreiches Archiv entstanden, das als Erinnerungsspeicher und Werkkomplex zugleich dient. In den Zeichenkonvoluten vermögen wir wiederkehrende Konstellationen von geometrischen Formen, bewegten Bleistiftlinien, verdichteten Schraffuren und aquarellierten Flächen zu erkennen. Doch was sich wiederholt, ist nie gleich. Vielmehr erschaffen die seriellen Bildwelten unendliche Möglichkeiten und eine nicht enden wollende Vielfalt an Mustern, Verflechtungen und Anordnungen.
Skulpturale Handlung wird Bild
Elisabeth Rosenthals künstlerische Praxis ist vielseitig und stellt traditionelle Kategorien in Frage. In der GE59 zeigt sie Bilder, die nicht im klassischen Sinne gemalt wurden, sondern aus übereinander gelagerten, pigmentierten Spachtelschichten entstehen. Anschließend werden diese Schichtungen in unzähligen Schleifgängen wieder teilweise abgetragen. Die plastische Bildkonstruktion erzeugt flirrende Farboberflächen und verleiht den Gemälden eine Tiefe und Dimensionalität, die die farbräumliche Entwicklung des Bildes wahrnehmbar macht.
Die Ausstellung »STRANGE FORWARD« bietet Anlass für mannigfaltige Denkbewegungen, die zunächst durchaus merkwürdig im Sinne von »strange« anmuten können. Aber wer sagt, dass Kunst gemütlich ist? Erst die Offenheit und Mehrdeutigkeit ermöglichen anregende Perspektiven, die uns bereichern.