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Grüner Dinosaurier von Micha Otto

»Reflexzonen«

Micha Otto

24.11.22 - 26.01.23

Micha Otto wurde 1980 in Berlin-Mitte geboren. In die Wiege gelegt wurde ihm, so sagt er selbst, ein grundlegendes soziologisches Interesse an Menschen in Grenzbereichen und den Anpassungsleistungen, die sie dort zu erbringen haben. Diesem Interesse nachzugehen ermöglichten ihm die Erfahrungen der deutschen »Wende«, Gelegenheitsjobs als Ladendetektiv, Erschrecker im Gruselkabinett, Weihnachtsmann und nicht zuletzt sein Studium an der Kunsthochschule Weißensee (inklusive zwei Auslandssemestern in Japan).

Micha Otto »Reflexzonen«

Schon als Kind lernte Micha Otto vom Vater das perspektivische Zeichnen und bekam mit 10 Jahren einen Fotoapparat geschenkt. Damit stellte sich früh die Frage: Was soll man dokumentieren, warum und für wen? Die Frage ließ ihn bis heute nicht los, und so haben seine Arbeiten meist einen stark dokumentarischen Charakter.

Micha Otto »Reflexzonen«Micha Otto »Reflexzonen«Micha Otto »Reflexzonen«

Micha Otto findet immer wieder Gegenstände, die ihn interessieren und die er – auch über längere Zeiträume – betrachtet. Ein wiederkehrendes Motiv: Der Feuerlöscher.

Das Spiel mit Original und Abbild und seiner Positionierung im Raum führt diesen Gegenstand und unseren Umgang damit ad absurdum. Einen Feuerlöscher an der Decke zu platzieren, macht ihn unerreichbar und enthebt ihn so seiner Funktion. Ihn zwar auf der nach DIN vorgeschriebenen Höhe anzubringen, allerdings als Bild auf Leinwand gezogen, irritiert gleichermaßen – und konfrontiert uns mit dem Konflikt zwischen Nutzen und Normentsprechung.

Micha Otto »Reflexzonen«

Der Feuerlöscher ist nur ein Beispiel, wie Micha Otto mit zivilisatorischen Symbolen experimentiert und dabei die Medien Installation und Fotografie einander ergänzend einsetzt. Oft geht er hinaus in die Natur, platziert dort natürlich wirkende, aber menschgemachte Objekte und inszeniert so die Spannung zwischen natürlicher und unnatürlicher Ordnung.

So auch im Werk »Let Freedom Ring«, wo Micha Otto an unterschiedlichen Stellen im öffentlichen Raum Maulwurfshügel in geordneten Formationen arrangiert und fotografisch festhält. Der Impuls kam ihm beim Besuch des Schlossparks von Versailles: Was würde passieren, wenn in diesen streng geometrischen Gärten auch die Maulwurfshaufen, eigentlich eine Störung der ästhetischen Struktur, einer strikten Logik entsprächen?

Die Fotoserie »Apocalypse later«, in der präparierte Tiere ihrer natürlichen Umgebung ausgesetzt werden, spielt ebenfalls mit der Grenze zwischen natürlicher und unnatürlicher Ordnung. Zudem führt sie den Weltuntergang im Titel, ein Motiv, das als Klammer für die Ausstellung in der GE59 gelten kann. 

Micha Otto präsentiert darin »Reflexzonen« der menschgemachten Natur. Ausgehend von der Idee eines »Postanthropozäns« unternimmt er diverse Ableitungen zur existenziellen Bedrohungslage. Mit Mitteln der Ironisierung reflektiert er die Ästhetik der Apokalypse. Ein wiederkehrendes zentrales Motiv hierbei ist der Dinosaurier.

Micha Otto »Reflexzonen«Micha Otto »Reflexzonen«Micha Otto »Reflexzonen«Micha Otto »Reflexzonen«

Die Ausstellung berührt grundsätzliche Fragen: Ist der Mensch Teil der Natur oder steht er außerhalb? Sind menschliche Eingriffe in die Natur künstlich oder natürlich? Muss der Mensch die Umwelt sogar vor dem Menschen schützen? 

Antworten gibt Micha Otto nicht, denn er ist kein Öko-Künstler. Eindeutigkeit und gute Intentionen waren nie Merkmale großer Kunst – eher im Gegenteil. „Der Gegensatz von Kunst ist nicht Natur, sondern gut gemeint“, so Gottfried Benn. 

Kunst braucht also Ambivalenz, Irritation, Offenheit – und Raum zum Reflektieren. Die GE59 als »Reflexzone«. Das trifft es schon ganz gut.

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Micha Otto studierte Freie Kunst / Bildhauerei bei Prof. Karin Sander / Prof. Eran Schaerf an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Zwei Auslandssemestern in Japan folgte ein Masterstudium an der Universität der Künste im Fachbereich Kunst und Medien unter Alberto De Campo und ein Meisterschülertitel bei Prof. Inge Mahn. Internationale Ausstellungstätigkeit und Residenzen schlossen sich an. Micha Otto engagiert sich seit Jahren im integrativen Kunstraum in Berlin Lichtenberg, im interdisziplinär aufgestellten »Lichtkollektiv Dunkelstrom«, der Kunstgruppe »Donnerstagsklub«, sowie dem Jazztrio »Vetter Otto Rueß«.