Digitale Fotos entstehen heutzutage inflationär. Die Wertschätzung des authentischen Moments spielt dabei weniger eine Rolle, als unsere Vorstellung davon, wie er erinnert werden sollte. Schnappschüsse, die nicht unseren ästhetischen Standards entsprechen, verenden meist wenig beachtet als digitaler »Datenschrott« auf einem Speichermedium.
Die Bilderserie CANDID MOMENTS hinterfragt diesen Umstand und lädt dazu ein, die Momente, in denen wir Datenschrott produzieren, zu reflektieren. Warum möchten wir etwas festhalten? Ist die Kamera nicht eher ein Störobjekt – besonders in Situationen, die kein Foto erfordern oder sogar durch unser Bestreben sie festzuhalten, zerstört werden?
In einer Welt, in der digitale Fotos beliebig sind, hebt die Serie fragile, kurzweilige Momente hervor und überwindet das Spannungsfeld des affektivem Festhaltens hin zum dauerhaften Erinnern durch Malerei. Als Alternative zum Datenschrott wird den dargestellten Situationen damit der Wert beigemessen, den sie verdienen.
Der Titel CANDID MOMENTS spielt mit dem englischen Wort »candid« (unverstellt, ehrlich), wobei im Social Media Kontext mit dem Begriff »candid shot/candid photo« ein meist gestelltes Foto einer Person gemeint ist.
Die Bilder entstehen als verendete Schnappschüsse, die vom Handybildschirm ausgehend neu komponiert und auf eine dunkel grundierte Leinwand übertragen werden. Aus dem Versehentlichen wird Beabsichtigtes, aus dem Kurzweiligen, Dauerhaftes.
Sarah Kiss lebt und studiert in Berlin. Als Teil einer digitalen Generation ist für sie die Auseinandersetzung mit den allgegenwärtig Einflüssen von Handy und Bildschirm konkreter Bestandteil ihres Alltags und ihrer Kunst. Grade im Hinblick auf Sozialität und Gemeinschaft, dem Erleben, dem Erinnern und der Darstellung von gemeinsamen Momenten entstehen für sie Spannungsräume, die sie mit ihrer Malerei zu überbrücken versucht.